03.08.2020
Nun also doch: Ausweichschule wird gebaut

Kreisbote vom 03.08.20

Vor knapp zwei Wochen hatte die Entscheidung im Stadtrat noch in einer Patt-Situation geendet (wir berichteten). Das Gesamtprojekt schien auf Eis gelegt. Mehrere Stadträte legten nun dar, warum sie sich bei der ersten Sitzung überrumpelt gefühlt hatten.

So gab es die einen Ratsmitglieder, die ungeduldig anmahnten, jede erneute Verzögerung ginge auf Kosten der Kinder. Wolfgang Hannig (SPD) entrüstete sich beispielsweise darüber, wie viel Zeit bereits mit der Planung der Grundschule verplempert worden war. Er erinnerte daran, dass der Stadtrat kein Verhinderungsrat sein wolle. Dr. Anne-Dore Fritzsche von den Grünen setzte dagegen, dass ein Stadtrat jedoch auch kein bloßes Abnick-Gremium sei. Und eine Ausweichschule, die nach wenigen Jahren rückgebaut werde, für rund 5,9 Millionen Euro sei auch nicht wirklich preiswert. Die Grünen-Stadträtin sprach für den überwiegenden Teil ihrer Fraktion, als sie die Art und Weise kritisierte, wie die Verwaltung die Preissteigerung der Ausweichschule um über 100 Prozent kommuniziert hatte. „Dem Antrag nicht zuzustimmen, entsprang vor allem auch dem Eindruck, nur unzureichend informiert worden zu sein.“

 

Bei der Sitzung am 20. Juli hatte genau die Hälfte der Stadträte gegen die vorliegende Entwurfsplanung für die Ausweichschule gestimmt, weil die Kosten von zunächst geschätzten 2,8 Millionen Euro auf rund 5,9 Millionen Euro geklettert waren. Bürgermeister Dr. Wolfgang Hell erklärte die Steigerung nun knapp zwei Wochen später mit der vertieften Kostenschätzung, die laut des externen Planungsbüros sowohl die Anforderungen an einen geregelten Unterricht als auch alle gesetzlichen und sicherheitstechnischen Auflagen wie Brandschutz und Barrierefreiheit beinhalte. Und Hell gab zu, dass die erste Schätzung der Bauverwaltung „auf die Schnelle und auf Druck“ entstanden sei. Die neuen Zahlen dagegen seien ehrlich und ein Worst-­Case-Szenario. Denn natürlich würde die Stadt alle Möglichkeit ausschöpfen, unter Einbeziehung möglichst vieler Angebote eine günstigere Lösung zu bekommen, ohne dass Nachteile für die Kinder entstünden.

 

Tatsächlich kursierte im Stadtrat vergangene Woche bereits ein weiteres Angebot, das auf einen Vorschlag des ehemaligen CSU-Stadtrats Andreas Wachter zurückging. Wachter hatte ein Angebot für einen Ausweichbau in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro eingeholt und dies in einer Rundmail weitergegeben. Was immerhin Carl Singer (Freie Wähler) dazu veranlasste, eine weitere Prüfung der Planung und eine Verschiebung des Gesamtprojekts um ein Jahr zu beantragen. „Die Zeit ist knapp und es geht um sehr viel Geld“, so Singer. Mit seinem Antrag, den Zeitplan erneut zu strecken, fand Singer jedoch keine Befürworter. Thorsten Krebs (CSU) und Hannig betonten, dass man eine Ausweichschule natürlich günstiger baue, wenn das richtige Angebot vorläge. Und Jörg Schneider (Grüne) wies auf den baulich desolaten Zustand der alten Martinschule hin. „Es besteht Handlungsbedarf“, sagte der Stadtrat und Schulleiter. „Sonst reihen wir uns in die Liste wenig rühmlicher Bauvorhaben in Stuttgart und Berlin ein.“

 

Dr. Anne-Dore Fritzsche nannte die Situation letztendlich alternativlos: „Die Ausweichschule, deren Konzept uns (die Stadträte der Grünen; Anmerk. d. Red.) nicht in allen Punkten überzeugt, wird viel Geld kosten. Aber nicht zuzustimmen würde noch mehr Geld kosten“, erklärte sie die Entscheidung ihrer Fraktion. Jedes Jahr Verzug würde die Stadt rund 1,5 Millionen Euro mehr kosten, wiederholte Hell die Mahnung der Bauverwaltung. „Auch wir wollen, dass mit dem Neubau begonnen werden kann“, sagte Fritzsche. Sie verwies ebenso wie Dr. Andrea Weinhart (Freie Wähler) in diesem Zusammenhang auf ein klärendes Gespräch, das wenige Tage vor der Sitzung zwischen Bürgermeister, Verwaltung und Stadtrat stattgefunden hatte. Das sei sehr gewinnbringend gewesen. Walter Breiner (Freie Wähler) sprach sich nun auch für die Ausweichschule aus, auch wenn er mit Bauchschmerzen die Kostenentwicklung und den Zeitplan des Gesamtprojekts verfolge. „Dieser enge Zeitplan macht uns erpressbar“, mahnte er und bat die Verwaltung erneut, die Kosten nicht weiter explodieren zu lassen.

von Angelika Hirschberg